Andrea Caroni

Ihr Ausserrhoder Ständerat

08. März 2016

Wichtige Voten im RatVorstösse

ZGB. Adoption. Änderung

Wie meine Vorredner konzentriere ich mich nicht aufs Eintreten, sondern direkt auf die strittige Frage der Stiefkindadoption.
Ich möchte noch einmal darauf verweisen, dass sie an sich einen Spezialfall regelt und eben nicht wie die gemeinschaftliche Adoption eine breite Adoptionsmöglichkeit schaffen würde. Wir sprechen hier nämlich von Kindern, die in der Realität, wie die Kollegen Vonlanthen und Janiak gesagt haben, bereits da sind. Wir stellen uns nur die Frage, ob wir diesen einen gestärkten rechtlichen Rahmen geben wollen oder nicht. Wir müssen uns heute nicht die Frage stellen, ob wir Regenbogenfamilien generell gut finden, nicht gut finden, fördern wollen oder verbieten wollen. Es geht um bestehende Familien, wie sie sind.
Ganz wichtig ist zudem: Oft wird gesagt, man nehme dann jemandem ein Kind weg - das Argument ist heute noch nicht gefallen, aber vielleicht wäre es noch gekommen. Wie schon das Beispiel von Herrn Janiak schön gezeigt hat, ist es aber wie folgt: Wenn Eltern da sind, dann sind sie da. Wir reden von Kindern, denen ein Elternteil fehlt, sei es, weil er von Anfang an unbekannt ist, weil er verstorben ist, weil er verschollen ist oder weil es z. B. im Ausland zur Fortpflanzungsmedizin kam. Nur das ist hier die Frage.
Ein Punkt kam noch etwas wenig zum Ausdruck, nämlich was denn die Vorteile für das Kind sind. Kollege Janiak hat das Erbrecht bereits angetönt. Es gibt noch einige andere Elemente. Das eine ist ein Unterhaltsanspruch, den man in dieser Form eben nur durch das Kindesverhältnis erhalten kann. Dann gibt es sozialversicherungsrechtliche Fragen wie die, ob man eine Waisenrente, eine Kinderrente kriegt. Das sind alles Dinge, die man leider privatrechtlich so auf diesem Niveau nicht regeln kann. Es gibt für ein Kind kein stärkeres Schutzverhältnis als eben das Kindesverhältnis.
Eine ganz wichtige Grundsatzfrage - vielleicht die wichtigste, die wir uns heute stellen müssen - ist die Frage nach den Adoptionsvoraussetzungen im Allgemeinen. Kollege Janiak hat auch hier darauf hingewiesen, wie hoch denn die Hürden sind und was alles erfüllt sein muss, dass es zu einer Adoption kommt. Da ist für uns ganz wichtig, uns Folgendes vor Augen zu halten: Wenn wir hier die Stiefkindadoption öffnen, dann sagen wir nicht, dass jetzt alle gleichgeschlechtlichen Paare einen Anspruch auf eine Adoption hätten. Nur sagen wir auch nicht das Gegenteil. Wir sagen also nicht mehr: Alle gleichgeschlechtlichen Paare oder alle Konkubinatspaare sind per se und von Gesetzes wegen untauglich, um Adoptiveltern eines Kindes zu sein. Wir heben nur das heutige Verbot, das von einer absoluten Untauglichkeit ausgeht, auf und sagen: Es kann andere Fälle geben - und wir überlassen sie der Einzelfallbeurteilung -, wo es für das Kindeswohl eben das Beste ist, wenn solche Paare ein Kind adoptieren.
Zum Schluss noch ein Hinweis zum Stichwort Gleichbehandlung: Führen wir uns das Kind des Partners von Herrn Janiak als Beispiel vor Augen. Wenn ein Kind aus irgendeinem Grund seine Mutter verliert, dann sind die adoptionsrechtlichen Möglichkeiten heute sehr davon abhängig, in welcher Form von Partnerschaft der Vater danach lebt. Wenn er heterosexuell ist und eine andere Frau heiratet, dann hat das Kind rechtlich "Glück" und kann adoptiert werden. Wenn der Vater, der seine Frau verloren hat, danach aber in einer eingetragenen Partnerschaft lebt, hat das Kind rechtlich "Pech" und kriegt nach heutigem Recht keinen zweiten Elternteil. Aus Sicht des Kindes ist es nicht zu rechtfertigen, dass sein eigenes rechtliches Glück oder Pech davon abhängt, in welcher Partnerschaft der eine Elternteil nachher lebt.
Unter dem Stichwort Gleichbehandlung noch ein Blick ins Ausland: In der Schweiz gibt es heute nicht nur Regenbogenfamilien, die faktisch zusammenleben, es gibt bereits rechtlich gesicherte Regenbogenfamilien mit zwei gleichgeschlechtlichen Elternteilen. Die haben diesen Status im Ausland durch irgendeine Konstellation erworben und werden bei uns anerkannt. Auf dieser Stufe gibt es solche Familien also bereits. Da müssen wir uns doch die Frage stellen, ob wir denn die Diskriminierung von Schweizern aufrechterhalten wollen.
Im Sinne all dieser Argumente bitte ich Sie, der Stiefkindadoption, wie sie vorgeschlagen wird, zuzustimmen.

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