Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger
Nach einem unvergesslichen Jahr als Ständeratspräsident freue ich mich, dass ich unseren Kanton weiterhin als Ständerat in Bern und im ganzen Land politisch vertreten darf. Dieses Amt übe ich mit grosser Leidenschaft und all meiner Kraft aus. Meine Leitsterne sind und bleiben das Wohl Ausserrhodens und der Schweiz sowie meine freiheitliche Grundhaltung.
Für Ausserrhodens Zukunft. Für unsere Zukunft.
Ihr Andrea Caroni
PS: Politik soll bei den Leuten sein. Ich freue mich, wenn Sie mit mir in Kontakt treten.
Meine Abschiedsrede als Ständeratspräsident
Ich wurde im vergangenen Jahr oft gefragt, was denn eigentlich das Schönste am Amt des Ständeratspräsidenten sei. Meine Antwort war ganz einfach: Das Schönste war immer, wenn ich den Eindruck erhielt, dass Sie mit der Ratsleitung zufrieden seien, wenn Sie also über den Rhythmus Ihres Schlagzeugers hier vorne Ihre Stimme auf der Suche nach politischem Wohlklang einbringen konnten. Ihre kollegiale Mitwirkung war dabei immer fantastisch, denn im Ständerat herrscht – anders als in vielen anderen Parlamenten auf dieser Welt – immer der konstruktive Geist des Miteinanders. Alle haben das gemeinsame Ziel, dass man alle Geschäfte in der nötigen Tiefe, aber auch in der verfügbaren Zeit behandeln könne und sich jeder einbringen kann. Niemand blockiert, obstruiert, filibustert oder schikaniert. Damit will ich aber auch nicht sagen, dass die Voten immer kurz gewesen seien. Ich musste manchmal an das erste Gebot des Ständerates erinnern, das ich noch ein letztes Mal zu Protokoll geben will: Du sollst nicht wiederholen Deines Vorredners Wort. Aber wie durch Zauberhand waren jeden dritten Donnerstag der Session um 12.59 Uhr alle Voten gehalten und alle Geschäfte erledigt.
Apropos Geschäfte: Es ist nur ein lustiger Zufall, aber ich will Ihnen trotzdem erzählen, welches Geschäft ich als Erstes auf diesem Pult vorfand. Es war eine Motion zur Patrouille Suisse, eingebracht von Herrn Salzmann. Und das allerletzte Geschäft, das ich am letzten Tag der Herbstsession auf diesem Pult vorfand, war eine Petition zum Thema Patrouille Suisse. Sie war übrigens nur dank Herrn Germann überhaupt auf meinem Pult. Diese Hartnäckigkeit eines einzigen Themas hätte ich völlig woanders vermutet. Sie wissen wahrscheinlich auch wo, nämlich beim Wolf. Aber der Wolf stand heuer halt im Schatten des viel mächtigeren und viel prächtigeren Ausserrhoder Bären. Dieser wird nun aller Voraussicht nach bald dem Bündner Steinbock weichen. Er versteckt sich schon etwas unter diesem Bären dort. Aber ganz werden Sie nicht auf den Ausserrhoder Bären verzichten müssen, denn pünktlich zu unserem Sessionsbeginn und zu meinem Amtsende hat die Ausserrhoder Bevölkerung gestern die modernste Kantonsverfassung der Schweiz beschlossen. Sie ist einfach die jüngste und schon daher die modernste. Sie wird uns dann bald zur Gewährleistung vorliegen, womit der Ausserrhoder Bär wieder einmal bei uns hineinblinzeln wird.
Ein zweites Highlight neben der Ratsleitung mit Ihnen hier drin war dieses Jahr für mich die verbindende Kraft der Musik, angefangen natürlich mit Streichmusik Alder featuring Bligg am Wahltag vor einem Jahr, dann unser Zäuerli-Kurs im Naturjodeln draussen auf der Ständeratsterrasse. Ich durfte mit der Nationalratspräsidentin eine kulinarisch-musikalische Schweizreise in die verschiedenen Sprachregionen machen. Zum Glück hat sie gekocht und ich musiziert und nicht umgekehrt. Ich hatte weitere Gelegenheiten, Musik zu machen, wo ich hinkam, zum Beispiel am Filmfestival in Locarno zu jazzen, auf Reisen in Brasilien einen Bossa Nova zu spielen oder als letzte Amtshandlung letzte Woche bei der Unesco noch dafür zu weibeln, dass der Schweizer Jodel doch Weltkulturerbe werde; das wird dann wohl nicht wegen mir so sein, aber es wird so sein. Der musikalische Höhepunkt war für mich aber unser letzter Abend in der Herbstsession, der gemeinsame Schlussabend aller Fraktionen zur Legislaturhalbzeit, an dem wir junge Musikerinnen und Musiker bei uns hatten, die zusammen mit der Bundeshaus-Band den Boden dafür legten, dass so viele von Ihnen bzw. von beiden Räten auch nach heftigen Debatten gemeinsam fast bis zur Polizeistunde mit Inbrunst sangen. Das hat nicht nur Freude gemacht, sondern ich glaube, es war auch Ausdruck unseres politischen Systems, in dem so etwas überhaupt denkbar ist. Das gibt es nur bei uns.
Das führt mich zum dritten und letzten Highlight dieses Jahres, zur Pflege der Institutionen. Wir durften dieses Jahr 150 Jahre Bundesgericht feiern, wir durften auch 25 Jahre neue Bundesverfassung feiern – und hier als Fussnote für den designierten neuen Präsidenten: Ein spannendes Werk in zwei Bänden und auf 4000 Seiten dazu liegt bereits in Ihrem Büro bereit. Vor allem aber durften wir nicht nur die Institutionen, sondern auch die politische Kultur pflegen, und zwar entgegen vielen globalen Trends. Ich hatte die grosse Chance, dieses Jahr nicht nur kantonale, sondern auch rund zwanzig ausländische oder zum Teil internationale Parlamente zu besuchen.
Ich stelle fest: Parlamente gibt es fast überall. Sehr viele sind aber demokratisch schwach legitimiert oder haben kaum eine Funktion. Dort, wo es ein Parlament gibt, das legitimiert ist und das eine Funktion hat, gibt es sehr häufig keine zweite Kammer; nur 40 Prozent haben eine solche. Dort, wo es eine zweite Kammer gibt, hat diese oft wenig zu melden. Sie kann vielleicht etwas beraten oder verzögern. Parlamente mit starken zweiten Kammern wie unserer können Sie mit der Lupe suchen. Sie finden wahrscheinlich auf der Welt neben unserem Ständerat zwei bis drei Länder, in denen der Senat eine ähnlich starke Rolle wie die erste Kammer hat – so wie bei uns. Dass wir in dieser Rolle als Individuen instruktionsfrei mitwirken können, ohne dass wir von unserer Partei oder von unseren Kantonen Instruktionen erhalten, und dass wir zum Beispiel auch Gesetze selbst einbringen können, macht uns fast schon einzigartig.
Mais la culture et les institutions politiques démocratiques ne vont pas de soi. Elles doivent sans cesse être réapprises et mises en pratique. Afin que la prochaine génération prenne elle aussi plaisir à découvrir et à faire vivre nos institutions démocratiques, la Délégation administrative a donné son feu vert, il y a deux semaines, à la création d’un centre d’information et de visite sur la Place fédérale. L’année prochaine, vous serez appelés à vous prononcer définitivement sur ce projet et je m’en réjouis beaucoup.
Apropos Institutionen: Oft wurde ich gefragt, ob ich dieses Amt nicht gerne noch länger ausgeübt hätte. In der Tat ist es ja so, dass die meisten Parlamente viel längere Amtsdauern für Präsidenten haben – nur die Österreicher haben viel kürzere. Meine Antwort lautet: Ich hatte wahnsinnig viel Freude an diesem Amt, aber ich habe noch grössere Freude – (Musik erklingt) oh, musikalisch untermalt -, in einem Land zu leben, in dem solche präsidialen Ämter laufend rotieren, sogar wenn es mich selbst betrifft. Daher gebe ich diese präsidiale Glocke dann gerne weiter.
Es bleibt mir nur noch zu danken. Ich danke zuerst meiner Familie, dass sie mir das gegönnt hat und mich unterstützt hat. Besonders bedanke ich mich bei meinen zwei Kindern Fiona und Flavio und bei meiner Partnerin Jasmin. Sie ist heute hier. Sie war vor einem Jahr schon hier, um sicherzustellen, dass ich gewählt werde. Und heute ist sie hier, um sicherzustellen, dass ich auch wieder aufhöre.
Vorrei ringraziare anche i Servizi del Parlamento per l’enorme sostegno; cito per tutti Martina Buol, Annette Feitscher e gli usceri in sala. E poi ringrazio i miei colleghi dell’Ufficio del Consiglio degli Stati e della Delegazione amministrativa per l’eccellente collaborazione.
Vor allem aber danke ich Ihnen, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, Sie werden nie erahnen, was für eine Freude Sie mir mit Ihrem Vertrauen gemacht haben. Es war mir eine unglaubliche Ehre, diesen Rat ein Jahr lang zu leiten, und nun gebe ich das Amt, das mir geliehen wurde, weiter. Aber die Erfahrungen und Erinnerungen, die nehme ich im Rucksack mit und gehe damit zurück in den Saal, genau auf den Platz, von dem ich herkam. Ich freue mich sehr, von dort aus dann weiter mit Ihnen politisieren zu dürfen, in der, wie ich glaube sagen zu dürfen, tollsten Parlamentskammer der Welt. Vive le Conseil des États, viva il Consiglio degli Stati, viva il Cussegl dals Chantuns, es lebe der Ständerat!
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