Andrea Caroni

Ihr Ausserrhoder Ständerat

13. März 2023

Politische Arbeit | Wichtige Voten im Rat

Postulat Caroni Andrea. Für ein zeitgemässes Sprengstoffstrafrecht

Viele von Ihnen haben vielleicht schon einmal zum Neujahr oder zum 1. August ein Feuerwerk abgebrannt oder einen Böller gezündet. Woran Sie dabei vielleicht nicht dachten, ist, dass Sie, während Sie dem bunten Spektakel zuschauten, in den Augen des Bundesgerichtes schon gefährlich nahe am Sprengstoffterrorismus vorbeischrammten. Dazu muss man wissen, dass unser Strafrecht bezüglich Sprengstoffen seit jeher zwei Bestimmungen kennt. Die erste betrifft eben Sprengstoffterroristen, die in verbrecherischer Absicht eine Gefahr für Leib und Leben schaffen; das ist Artikel 224 StGB. Die zweite Bestimmung betrifft alle anderen, die ohne eine solche verbrecherische Absicht, vielleicht im Beruf oder in der Freizeit, eine solche Gefahr schaffen. Das ist der nächste Artikel. Der erste Artikel, der Sprengstoffterror-Artikel, hat eine drakonische Mindeststrafe von einem Jahr, der andere nicht - so weit, so gut.
Das Problem ist, dass das Bundesgericht die erste Bestimmung, die Anti-Sprengstoffterror-Bestimmung, absurd weit auslegt. Obschon die Gesetzessprache eigentlich klar ist und ausdrücklich eine verbrecherische Absicht verlangt wird, also das direkte Ziel, ein Verbrechen zu begehen, Menschen zu töten und zu verletzen, hat das Bundesgericht den Begriff zur konturlosen Eventualabsicht ausgeweitet. Das führt nun dazu, dass jemand, der, wie in einem echten Fall geschehen, auf offener Fläche einen legalen Böller in den Himmel schiesst und nicht im Traum daran denkt, dass dabei etwas passiert, aber vielleicht etwas wenig nach hinten guckt, gemäss Rechtsprechung unter diese Anti-Terror-Regel zu fallen droht. Die Rechtsprechung sagt dann nämlich, man habe nicht herumgeguckt - das gibt dann einen Eventualvorsatz - und man habe die Gefahr in Kauf genommen. Gleichzeitig ist das also auch noch eine verbrecherische Eventualabsicht. Man ist dann quasi ein Terrorist. Mindeststrafe: ein Jahr Gefängnis.
Die Lehre und auch der Bundesrat kritisieren diese überschiessende Rechtsprechung des Bundesgerichtes. Das sagt der Bundesrat auch in seiner Stellungnahme. Dennoch beantragt der Bundesrat die Ablehnung des Postulates, und zwar mit der etwas erstaunlichen Begründung - wenn Sie gestatten -, diese Rechtsprechung sei eben 45 Jahre alt und nur obiter erfolgt, so nebenbei, und werde sicher bald korrigiert. Nur hat das Bundesgericht leider diese angeblich so überholte Rechtsprechung erst 2019 ausdrücklich zementiert, nämlich am 5. August 2019, was der Bundesrat, ich glaube anerkanntermassen, übersehen hat.
Im Resultat, stelle ich fest, Frau Bundesrätin, sind wir uns eigentlich einig, dass diese Rechtsprechung nicht dem Willen des Gesetzgebers entspricht. Jetzt muss sich der Bundesrat nur einen ganz kleinen Ruck geben, um das Problem auch wirklich anzugehen. Es bräuchte dazu nur ein, zwei klarstellende Worte des Gesetzgebers.
Die Einwände des Bundesrates gegen meine anderen im Postulat skizzierten Lösungsansätze kann ich durchaus nachvollziehen. Sie stehen auch nicht im Zentrum meines Anliegens. Im Zentrum steht diese überschiessende Rechtsprechung bezüglich der Formulierung "in verbrecherischer Absicht", die auf Hinz und Kunz angewandt wird. Diese sollten wir gemeinsam korrigieren.
In diesem Sinne bitte ich Sie, das Postulat anzunehmen.
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