10. Dezember 2020
Politische Arbeit | Wichtige Voten im Rat
ZGB. Änderung (Erbrecht)
für die Kommission:
Die Lösung, die Ihnen Ihre Kommission einstimmig vorschlägt, schlägt drei Fliegen mit einer Klappe. Sie ist vielleicht sogar so etwas wie ein Wundermittel, um diese Revision erfolgreich durch beide Räte zu bringen. Es geht in der letzten und damit einzigen verbleibenden Differenz um die Frage, was passiert, wenn Ehegatten unter sich einander güterrechtlich mehr als die Hälfte des Vorschlages zuhalten - im Normalfall sogar das Ganze. Was heisst das für die gemeinsamen Kinder und deren Pflichtteile? Wird das später zu ihren Gunsten dazugerechnet oder eben nicht?
Zu den drei Fliegen, die wir mit der Klappe schlagen:
1. Wir klären die Frage. Das allein ist der grösste Mehrwert, den wir hier überhaupt schon schaffen: dass wir etwas aussagen. Heute ist die Frage eben unklar und führt zu grosser Rechtsunsicherheit. Eines Tages würde es zu einem Bundesgerichtsurteil kommen, das den einen oder anderen vielleicht kalt erwischen würde. Wir klären die Frage. Da sind wir uns auch mit dem Nationalrat einig. Auch er ist jetzt bereit, die Frage explizit im Gesetz zu klären.
2. Wir schlagen nur eine einzige Regel vor, und zwar für gestern, heute und morgen. - Der Nationalrat hat das noch nicht so entschieden. Wir brauchen also keine Übergangsregel. Wir sagen, was gilt, und das soll nach den üblichen Regeln gelten, nach dem Recht, das am Todestag in Kraft ist. Das gilt dann für alle Testamente, für die künftigen, wie auch für diejenigen, die schon bestehen.
Der Nationalrat hingegen hat eine Übergangsregel eingeführt, wonach ein System für die Zukunft und wahrscheinlich ein anderes System - es ist etwas unklar, welches - für die bestehenden Verträge gelten sollen. Übergangsregelungen im Erbrecht sind aber sehr schwierig. Denn hier geht es um Verfügungen, die auf Jahrzehnte angelegt sind. Wenn also ein 18-Jähriger ein Testament macht, dann kann das siebzig Jahre später Wirkung entfalten. Und in dieser Zeit könnte es mehrere Erbrechtsrevisionen geben. Da reicht dann auch ein Fachanwaltstitel Erbrecht nicht mehr, um das wieder aufzudröseln. Die zweite Schönheit unseres Vorschlags ist also: nur eine Regel, die eben klar ist.
3. Der dritte Punkt ist der inhaltliche. Hier hatten wir eine Teildifferenz mit den Nationalrat. Wir haben ursprünglich gesagt, die Kinder sollen berücksichtigt werden. Die überhälftige Vorschlagszuteilung soll also später zugunsten der Kinder wieder berücksichtigt werden. Der Nationalrat hat sich dem auf den ersten Blick angeschlossen, hat dann aber im Übergangsrecht gesagt, das wollten wir nur für die Zukunft. Damit hat er eben diese Zweiteilung geschaffen: eine Regel für heute und eine für die Zukunft mit siebzigjährigen Übergangsproblematiken.
Der Grund für diesen Entscheid liegt darin, dass der Nationalrat bezüglich des Inhaltes etwas zerrissen war und es jeweils starke Minderheiten gab, die gesagt haben, die heutige Praxis sei anders, sie sei mehrheitlich so ausgelegt, dass die Meistbegünstigung des Ehegatten möglich sei und die Kinder nicht berücksichtigt würden. Wenn man hier etwas anders regle, wie wir dies tun, würde man viele Probleme schaffen. Deshalb schlagen wir Ihnen jene Lösung vor - das ist jetzt die dritte Schönheit dieses Entwurfes, die dritte Fliege, die wir schlagen -, die der aktuellen Praxis am nächsten kommt. Sprich, es muss dann nur eine minimale Anzahl von Verfügungen angepasst werden, im Idealfall vielleicht gar keine.
Inhaltlich bedeutet dies, dass die Meistbegünstigung des Ehegatten gemäss der heutigen starken Praxis möglich ist. Und es wird jetzt ausdrücklich gesagt, dass die gemeinsamen Kinder das dann beim Pflichtteil nicht hinzugerechnet erhalten. Materiell geht es nicht um wahnsinnig viel. Es geht immer nur um eine sehr kleine Quote des Gesamtvermögens.
Zusammengefasst: Wir haben hier eine klare Regel, wir haben eine einheitliche Regel über die Zeit, und wir haben auch eine Regel, die inhaltlich den Sorgen aus der Praxis und damit auch den inhaltlichen Bedenken, die der Nationalrat noch hatte, entgegenkommt. Auch die Praktiker, die sich in die Diskussion eingebracht und gewehrt haben, namentlich auch im Nationalrat, sind damit offenbar einverstanden. Ich hoffe, dass wir hier die ideale Lösung für uns gefunden haben. Ihre Kommission hat dies einhellig so begrüsst.
Ich möchte noch kurz ergänzen, dass dieser Vorschlag des Bundesrates auf den umgekehrten Fall ausgelegt war, nämlich, dass dies bei den Pflichtteilen der Kinder berücksichtigt würde. Dort gäbe es dann eine hypothetische Pflichtteilsberechnung der Kinder, und diese könnte man dann bei der Wiederheirat realisieren.
Mit der neuen Lösung, die wir vorschlagen, wird dies eben gerade nicht als hypothetischer Anspruch der Kinder berücksichtigt, weil es nicht zu ihren Pflichtteilen zählt. Dann entfällt auch die Notwendigkeit für Artikel 216 Absatz 4. Entsprechende Verfügungen kann man selbstverständlich - wie heute auch - in diesem oder anderen Sinne vertraglich regeln. Hier bleibt man also ebenfalls beim geltenden Recht.
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