Andrea Caroni

Ihr Ausserrhoder Ständerat

11. Juni 2020

Politische Arbeit | Wichtige Voten im Rat

ZGB. Änderung des Geschlechts im Personenstandsregister


Ich wusste gar nicht, dass dieser Ausflug aktenkundig ist - jetzt ist er es!
Ich habe mir bei der Betrachtung dieser Vorlage überlegt, dass ich mich auch gesellschaftspolitisch als erzliberal betrachte. Da kam mir in den Sinn, dass ich einmal Ihrer Vorgängerin, Frau Bundesrätin, eine Wette angeboten habe: Sie solle einen entsprechenden Wetteinsatz bekommen, falls sie es je schaffen würde, eine gesellschaftsliberale Vorlage zu bringen, die mich selber etwas ans Limit bringt. Als Nachfolgerin haben Sie nun diese Vorlage vorgelegt, und ich stelle fest: Ich bin jetzt etwas an diesem Limit angelangt.
Ich verstehe sehr wohl das Bestreben, das Bedürfnis der betroffenen Leute in ihren sehr schwierigen Lebenssituationen zu erfüllen. Sie wollen hier einfache Verfahren haben, was ja auch im Hinblick auf die Vermeidung unnötiger Bürokratie begrüssenswert ist. Dennoch ist meine Fantasie mit mir durchgegangen, und ich habe mir überlegt: Was alles könnte man damit auch sonst noch anstellen?
Viele Beispiele wurden erwähnt: Militärdienst, Witwenrente, Altersrente. Es gibt dann noch Weiteres: Heute ist es ja z. B. sehr schwierig, den Vornamen zu ändern. Aber wenn man jetzt einmal das Geschlecht hin und zurück ändern würde, dann könnte man innerhalb von zwei Arbeitstagen auch seinen Vornamen beliebig anpassen.
Dann kam mir noch anekdotisch in den Sinn, dass man sich mit einem anderen Geschlecht ja auch neue Zutrittsmöglichkeiten verschaffen könnte. Ich war mit vierzehn einmal in einem Tennislager im Tessin und habe mein Zimmer gesucht. Es waren nach Geschlecht sortierte Gruppenzimmer. Ich habe meines nicht gefunden, weil mein Name nicht dort stand. Dann habe ich weitergesucht und meinen Namen doch gefunden - einfach beim Mädchenzimmer! Das hat mich damals nicht weiter gestört, aber damit will ich aufzeigen, was man mit der Zugehörigkeit zu einem Geschlecht sonst noch alles anrichten kann.
Ich habe darum in der Kommission - das wollte ich Ihnen erläutern - auch Anträge gestellt, vielleicht auch ein wenig im Sinne von Herrn Salzmann, Anträge zur Frage, ob man nicht doch eine einfache Begründung verlangen könnte oder ob man sagen könnte, dass das Geschlecht ab einem gewissen Alter so gefestigt sein sollte, dass man nicht mehr hin- und herwechseln kann.
Ich muss sagen: Die Frau Bundesrätin hat es geschafft, dass ich die Wette doch nicht gewinne! Ich bin aber nicht über mein Limit hinausgekommen. Man hat uns eindrücklich aufgezeigt, welche Bedeutung die Vorlage auf der einen Seite für die Betroffenen hat, dass man auf der anderen Seite als Liberaler auch nicht der Missbrauchs-Paranoia anheimfallen soll und dass solche Fälle aus anderen Systemen im Endeffekt nicht bekannt seien.
Daher plädiere ich, auch wenn ich da etwas an meinem Limit stehe, für Eintreten auf die Vorlage und habe einfach zwei Wünsche. Der eine ist, dass die Zivilstandsbeamten dann auch wirklich ihr Sensorium schärfen, wenn sie diese Sachen anschauen, und dass man, sollten wir dereinst feststellen, dass es systematische Missbräuche im beschriebenen Sinne gäbe, dann halt eingreifen würde.
Der andere Wunsch betrifft die Rechtsordnung bei den Geschlechtern. Je mehr sich diese Ordnung angleicht, desto weniger Raum gibt es auch für solchen Missbrauch. Hierzu ist das Postulat 19.4092 hängig, das ich eingereicht habe und das Sie angenommen haben. Darin verlange ich, dass aufgezeigt wird, wo die Rechtsordnung Mann und Frau unterschiedlich behandelt. Wenn das an immer weniger Orten der Fall ist, haben wir auch umso weniger ungleiche Situationen. Mit gleichem Rentenalter, gleichen Dienstpflichten und gleichen Rentenansprüchen verschwindet dieses Problem von selber, und dann bleibt nur noch der Vorteil für die Betroffenen.
In diesem Sinne bitte ich Sie, auf die Vorlage einzutreten.
Mehr