Andrea Caroni

Ihr Ausserrhoder Ständerat

24. September 2013

Wichtige Voten im RatVorstösse

StGB und MStG. Änderung des Sanktionenrechts

für die Kommission: Ich habe Ihnen die Vorzüge der Vorlage in meinem ersten Votum dargelegt. Ich möchte nur noch kurz auf vier Wortmeldungen eingehen.

Erstens eine kurze Replik an Herrn Vischer: Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass die quantitativen statistischen Angaben, die wir haben, nicht zwingend auf eine Revision schliessen lassen. Und Sie haben mich dann gefragt, wie ich auf meine Begründung komme, dass es auch eine öffentliche Meinung gebe, die sich ein schärferes Strafrecht wünsche, und ob ich diese öffentliche Meinung nicht mit der veröffentlichten Meinung verwechsle. Nun, Herr Vischer, es gibt die öffentliche Meinung, es gibt aber auch die innere Meinung. Und wenn Sie mich ganz persönlich, als Bürger dieses Landes, fragen, dann sage ich: Ich möchte morgens in einem Land aufwachen, in dem ich weiss: Wenn sich ein Übeltäter nicht an unsere Regeln hält, wird er hart angefasst. Und mit der bedingten Geldstrafe als Standardstrafe habe ich selber, als Bürger dieses Landes, diesen Eindruck zu wenig.

Es gibt aber nicht nur diese innere Stimme, wir haben auch die Aussagen der Opfer, die in der Evaluation ja gefragt worden sind. Die Opfer sind ganz klar der Meinung: Die bedingte Geldstrafe als Standardsanktion ist zu wenig stark. Und die Stimme der Opfer hat in einer solchen Frage natürlich Gewicht, denn Opfer von einem Rechtsbrecher ist schlussendlich die ganze Gesellschaft, das Gewebe, das uns zusammenhält. Diese Stimme wiegt für mich besonders schwer. Eine dritte Stimme, die wir in der Evaluation auch ausgewiesen haben, ist die Einschätzung der Strafverfolgungsbehörden. Dazu komme ich gleich noch.

Ich möchte mich noch kurz bei Herrn Jositsch bedanken. Er hat trotz seiner Zweifel an den statistischen Aussagen zu Recht festgestellt, dass wir immer eine sinnvolle Weiterentwicklung eines Gesetzes vorantreiben können, ungeachtet der Frage, ob es früher schlimmer war, als es noch früher einmal gewesen war.

Ich möchte aber zu den beiden Punkten, die Herr Jositsch als für seine politische Seite so wichtig beschrieben hat, kurz etwas aus der Kommission sagen. Der eine Punkt betrifft die Priorisierung, dazu kommen wir später noch. Ich möchte dazu nur vorausschicken: Ungeachtet dessen, ob wir jetzt gesetzlich eine Priorisierung festhalten oder nicht, besteht für einen Richter immer die Möglichkeit, den Grundsatz der Verhältnismässigkeit im Rahmen seiner Rechtsanwendung zur Geltung zu bringen.

Zum zweiten Punkt, dem Mindesttagessatz von 30 Franken für Geldstrafen: Hier ist sehr wichtig zu sagen, dass die ja jemand nur dann nicht bezahlen kann, wenn er kein vernünftiges Einkommen hat. Und hier ist ganz wichtig zu wissen: Wenn jemand die Geldstrafe nicht bezahlen kann, kann er einen Antrag auf gemeinnützige Arbeit stellen - vier Stunden pro Tag, das sollte jeder hinkriegen. Der Staat gibt ihm also quasi die Arbeitsmöglichkeit, um das Geld zu verdienen, wenn er denn zu wenig hat.

Kurz zu Herrn von Graffenried: Sie haben ja auch infrage gestellt, ob man überhaupt eine Weiterentwicklung vorantreiben soll. Ich glaube, Herr Jositsch hat die richtige Antwort gegeben. Unabhängig von allen statistischen Aussagen dürfen wir jederzeit als Parlament hingehen und sagen: Wir haben Verbesserungsideen für das Strafgesetz, das auch unseren eigenen Überzeugung besser entsprechen soll. Und die Zeiten ändern sich; die letzte Revision ist von 2002. Wir haben sie dann einfach nachgebessert. Aber bis wir diese hier beschlossen haben werden, ist 2014, und dann wird sie 2015 in Kraft treten. Es sind doch einige Jahre vergangen - es sind sieben, acht Jahre -, seit die letzte in Kraft getreten ist. In dieser Zeit ist viel passiert: Damals, 2002, gab es hier drin wahrscheinlich noch kein WiFi, und wir hatten alle noch keine Smartphones. Auf das Strafgesetz umgemünzt heisst das: Das Electronic Monitoring war auch noch nicht etabliert. Das ist eben ein Package. Die Wiedereinführung der kurzen Freiheitsstrafe macht besonders Sinn, wenn man gleichzeitig Electronic Monitoring hat. Dann sind nämlich die Hauptnachteile der kurzen Freiheitsstrafe, die hohen Gefängniskosten, die Entsozialisierung abgefedert. Es gibt also Grund, in einer modernen Zeit ein modernes Strafrecht zu machen.

Herr von Graffenried, Sie haben auch gesagt, man solle dem Vollzug jetzt mal eine Chance geben, um das dann genau zu prüfen und sorgfältig, vernünftig zu evaluieren. Nun, bei der Evaluation, die wir haben, hat man dem Vollzug die Chance gegeben, Stellung zu nehmen. Ich erlaube mir, hier nur eine Statistik aus der Evaluation des Bundesrates von 2012 aufzuführen: Da finden nur 10 Prozent der Befragten - das sind Strafverfolger, Gerichte, Staatsanwälte, Vollzugsbehörden -, die bedingte Geldstrafe habe eine generalpräventive Wirksamkeit; bei der bedingten Freiheitsstrafe sagen das 43 Prozent. Wenn Sie nur die Vollzugsbehörden fragen, dann sagen bei der bedingten Geldstrafe 43 Prozent, diese habe eine sehr geringe Wirkung, aber bei der bedingten Freiheitsstrafe ist die meistgenannte Antwort, dass sie eine geringe bis eher grosse Wirkung habe. Die Betroffenen finden also die bedingte Geldstrafe zu schwach im Vergleich zur Freiheitsstrafe.

Eine allerletzte kurze Replik an Herrn Stamm und Herrn Nidegger: Wir sind uns einig, dass es jetzt dieses Strafrecht zu verbessern, zu reformieren und zu verschärfen gilt. So interpretiere ich Ihren Wunsch. Es gibt verschiedene Wege dazu. Das Konzept der Mehrheit ist einer, während Sie ein alternatives Konzept vorlegen. Sie sollen das vertreten dürfen. Wir haben das in der Subkommission, die Herr Vogler präsidierte, intensivst besprochen. Ich möchte Sie nur dazu einladen, dass Sie - welches Konzept auch immer durchkommt - hinter einer Verschärfung, einer Verbesserung des Strafgesetzes stehen. Wenn das Konzept Ihrer Minderheit nicht durchkommen würde, ergäbe es politisch gar keinen Sinn - auch aus Ihrer Sicht, so schätze ich -, nicht wenigstens die guten Reformschritte, die wir vorschlagen, dennoch umzusetzen.

Ich lade Sie in jedem Fall ein, welches Konzept auch immer sich durchsetzt, auf die Vorlage einzutreten, so, wie es Ihnen Ihre Kommission mit 23 zu 1 Stimmen beantragt.

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