Andrea Caroni

Ihr Ausserrhoder Ständerat

29. September 2022

Politische Arbeit | Wichtige Voten im Rat

Parlamentarische Initiative SPK-N. Handlungsfähigkeit des Parlamentes in Krisensituationen verbessern

Nous nous souvenons tous des effets de la pandémie sur notre Parlement. Le 15 mars 2020, pour la première fois dans l'histoire de la Suisse moderne, nous avons dû annuler une session de l'Assemblée fédérale et même suspendre les séances de commission. Quelques jours plus tard, 31 d'entre nous ainsi que le Conseil fédéral ont demandé une session extraordinaire.
Im April desselben Jahres konnten die Kommissionen ihre Arbeit schrittweise wieder aufnehmen, teils - das war auch eine Neuheit - sogar virtuell. Im Mai und im Juni fand diese denkwürdige Session in der Bernexpo statt. Dann kamen noch das Plexiglas, die Masken und die Zertifikate dazu. Es scheint uns schon alles wieder weit weg zu sein. Aber parallel dazu wurden wir mit bundesrätlichen Notverordnungen eingedeckt - das scheint uns nicht mehr ganz so weit weg zu sein - und mit dringlichen Geschäften auf Trab gehalten. Noch mitten in diesem Sturm lancierte die SPK-N im Mai 2020 quasi einstimmig zwei parlamentarische Initiativen, deren Umsetzung heute vor uns liegt.
Die parlamentarischen Initiativen sollten einerseits das Parlament in der Krise handlungsfähiger machen und andererseits unsere Kontrolle über bundesrätliches Notrecht stärken. Nachdem auch unsere Kommission einstimmig Folge gab, gab es gemeinsame Anhörungen, eine Subkommission im Nationalrat, und im März verabschiedete der Nationalrat die Reform. Ihre Kommission beriet sie diesen Sommer an mehreren Sitzungen, trat einstimmig darauf ein und verabschiedete sie mit 9 zu 0 Stimmen bei 1 Enthaltung.
Inhaltlich sind wir dem Nationalrat in den grossen Zügen gefolgt, jedoch mit einer einzigen Ausnahme: Wir wollten keine Verwaltungskommission. Des Weiteren haben wir kleine Anpassungen vorgenommen. Aber im Grossen und Ganzen besteht grosse Harmonie sowohl zwischen den jeweiligen Kommissionen als auch innerhalb Ihrer Kommission.
Was präsentieren wir Ihnen inhaltlich? Ich nenne Ihnen skizzenhaft fünf Themen.
Das erste Thema ist das Zusammentreten von Kommissionen. Zu Beginn der Pandemie wurden die Tagungsrechte der Kommissionen eingeschränkt. Das ist problematisch, denn die Kommissionen sind die Herzkammern, die Taktgeber des Parlamentes und der Räte, und sie haben eine verfassungsmässig geschützte Stellung. Vor diesem Hintergrund sieht die Vorlage neu ein ausdrückliches Tagungsrecht der Kommissionen vor und legt fest, unter welchen Voraussetzungen sie auch virtuell tagen können und wie man sich virtuell zuschalten kann. Kommissionen sollen auch selbstständig Subkommissionen einsetzen können.
Das zweite Thema betrifft die parlamentarischen Leitungsorgane. Der Nationalrat hat als neues Element beschlossen, dass die heutige Verwaltungsdelegation (VD) durch eine Verwaltungskommission abgelöst werden soll. Sie soll für vier Jahre fix gewählt werden und von den Büros unabhängiger werden mit dem Ziel, eine konstantere und unabhängigere Parlamentsführung zu erhalten. Das ist die einzige grosse Differenz, die wir zum Nationalrat haben. Wir nämlich möchten an der VD festhalten. Die Gründe dafür werden noch erläutert. Mit einer internen Revision und weiteren Anpassungen kommen wir dem Nationalrat aber entgegen.
Das dritte Thema ist das Zusammentreten der Räte. Hier sehen wir klarere Bestimmungen vor: Regeln zur rascheren Einberufung einer ausserordentlichen Session in der Krise; klarere Regeln für die Unterbrechung und Beendigung einer Session; eine einfachere Änderung des Tagungsortes; die virtuelle Teilnahme an Ratssitzungen in Notsituationen und - noch spektakulärer - sogar die Möglichkeit vollständig virtueller Ratssitzungen im Krisenfall. Gerade der letzte Punkt rief nach vertieften wissenschaftlichen Abklärungen. Das Bundesamt für Justiz kam zum Schluss, dass virtuelle Ratssitzungen, wenn sie mit physischen vergleichbar sind, auch im Normalbetrieb zulässig sind. Der grössere Teil der Lehre und auch Ihre Kommission finden aber, dass die Bundesverfassung von einem physischen Zusammentreten ausgehe und man virtuelle Sitzungen daher nur rechtfertigen könne, wenn man physisch unmöglich zusammenkommen kann. Uneinig ist sich die SPK-S einzig in der Frage, ob man auch Wahlen virtuell ermöglichen soll.
Das vierte Thema ist die Nutzung parlamentarischer Instrumente, die wir auch stärken wollen: mit einer dringlichen Kommissionsmotion für Krisenzeiten, mit einer Beschleunigung der Umsetzung von Kommissionsmotionen und mit einer Beschleunigung der Umsetzung der parlamentarischen Initiativen in Krisenzeiten.
Das letzte Thema betrifft die Ausübung der Notrechtskompetenzen des Bundesrates. Da haben wir wenig beschlossen, nämlich nur, dass der Bundesrat neu eine Bringschuld haben soll, die zuständigen Kommissionen zu konsultieren.
Zu erwähnen ist noch, worauf der Nationalrat wie auch Ihre Kommission verzichteten, denn es standen ja viele weitere Ideen im Raum. Wir verzichteten auf ein Veto oder gar eine Genehmigungspflicht für bundesrätliche Notverordnungen. Das dürften von Verfassung wegen nur die Räte selbst beschliessen, aber dann würden wir die Verantwortlichkeiten vermischen. Gleich schnell und klarer wären eigene Notverordnungen oder dringliche Gesetze unsererseits. Verzichtet wird auch auf eine abstrakte Normenkontrolle von Notverordnungen, auch mit Blick auf das Tempo. Verzichtet wurde auf die Schaffung weiterer parlamentarischer Organe wie zum Beispiel eine Rechtsdelegation; das haben wir im Rat schon besprochen. Es gibt genügend Gremien, die konsultiert werden, und Genehmigungskompetenzen darf man einer Kommission ohnehin nicht geben. Verzichtet wurde letztlich auch auf eine Anpassung der Grundlagen für Notrechtsverordnungen, sei es in der Bundesverfassung oder in Spezialgesetzen. Spezialgesetze sind separat zu analysieren. Das läuft ja schon beim Epidemiengesetz. Die Notrechtsklausel der Bundesverfassung lud uns nicht zu materiellen Einschränkungen ein, sondern umgekehrt zu einer Stärkung des Parlamentes.
Dies ist zusammenfassend der Grundgedanke der Vorlage: Sie setzt nicht beim Bundesrat an, indem sie seine Kompetenzen beschneidet; der Bundesrat soll in Notsituationen weiterhin rasch und flexibel handeln können, aber auch die Verantwortung tragen. Die Vorlage setzt auch nicht bei den Gerichten an, indem sie diesen eine abstrakte Normenkontrolle aufdrängt. Die Vorlage setzt vielmehr bei uns, dem Parlament, an. Wir sollen dank klaren Regeln und moderner Technik rascher und verlässlicher tagen können, mehr Information erhalten, schnellere Instrumente kriegen. Dann können wir als oberste Behörde im Land in eigener Verantwortung und Kompetenz überall dort rasch eingreifen und allenfalls übersteuern, wo wir der Meinung sind, der Bundesrat habe nicht richtig gehandelt.
Namentlich dank raschen Motionen und parlamentarischen Initiativen haben wir die Möglichkeit zum Erlass eigener Notverordnungen und dringlicher Gesetze. Damit hätten wir, unter dem Vorbehalt eines Referendums, das letzte Wort.
Kurz gesagt: Der Bundesrat soll seinen Job in seiner Verantwortung machen, wir machen den unseren in unserer Verantwortung, aber flexibler, konstanter und schneller als heute. Das ist der Geist der Vorlage, auf die wir in der Kommission einstimmig eingetreten sind und die wir in der Gesamtabstimmung, wie gesagt, mit 9 zu 0 Stimmen bei 1 Enthaltung angenommen haben.
Ich bitte Sie, auf die Vorlage einzutreten.
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