17. Dezember 2020
Politische Arbeit | Wichtige Voten im Rat
Parlamentarische Initiative Müller Philipp. Familiennachzug. Gleiche Regelung für Schutzbedürftige wie für vorläufig Aufgenommene
für die Kommission:
Die Vorlage hat zum Ziel, unser Asylsystem ein wenig zu entlasten. Dazu soll der Status der Schutzbedürftigen, der S-Status, so verbessert werden, dass er in der Praxis dereinst auch einmal benutzt werden kann. Der Bundesrat hat ihn bisher noch nie angewendet.
Ziel dieses S-Status ist es, grösseren Gruppen von durch Gewalt vertriebenen Personen vorübergehend Schutz zu gewähren, dass man nicht in jedem Falle ein aufwendiges Asylverfahren durchspielen muss. Diese parlamentarische Initiative will den Status S etwas besser austarieren, indem Schutzbedürftige den Familiennachzug nur dann erhalten, wenn die Voraussetzungen wie bei den vorläufig Aufgenommenen erfüllt sind. Das wäre ja heute der Regelstatus für Gewaltvertriebene ohne Asylanspruch.
Dazu soll Artikel 71 Absatz 1a des Asylgesetzes geändert werden. Wenn jemand den Status S erhält, dann erhalten seine Ehegatten und Kinder, die durch die einschlägigen Ereignisse von ihm getrennt wurden, nur dann noch denselben Status im Familiennachzug, wenn sie eben die Regeln der vorläufigen Aufnahme diesbezüglich erfüllen. Sie müssten also drei Jahre warten, eine bedarfsgerechte Wohnung vorweisen, nicht von der Sozialhilfe oder von Ergänzungsleistungen abhängig sein und sich um den Erwerb einer Landessprache bemühen.
Die Vorlage, das ist wichtig, betrifft nur diese ganz eng umschriebene Gruppe von Familienmitgliedern. Alle anderen Gruppen sind nicht betroffen, namentlich: Wer offenbar zu anerkennender Flüchtling ist, erhält weiterhin Asyl; wer selber in eigenem Namen unter die Gruppe der Schutzbedürftigen fällt, bekommt selber den Status S, er braucht dazu nicht einen Ehegatten oder Kinder für den Nachzug; wer gemeinsam flieht oder wer zu jemandem flieht, der schon in der Schweiz ist, erhält ebenfalls direkt weiterhin den Status S; und wer getrennt einreist, die Trennung aber nichts mit den Ereignissen zu tun hat, vielleicht weil man schon vorher getrennt in verschiedenen Ländern lebte, hat weiterhin keinen Anspruch auf Familiennachzug. Anders gesagt: Die Vorlage betrifft nur Gruppen, wo die eine Person Anspruch auf den Schutzstatus hätte, seine Familienangehörigen selber aber nicht, und die durch die Ereignisse getrennt wurden.
Ihr Rat, Sie mögen sich erinnern, hat in der Sommersession mit 26 zu 14 Stimmen beschlossen, auf die Vorlage einzutreten. Der Nationalrat aber, seiner Kommission folgend, ist am 24. September mit 112 zu 78 Stimmen nicht eingetreten. Es gibt auch heute wieder einen Minderheitsantrag auf Nichteintreten. Wenn Sie diesem zustimmen, wäre die Vorlage definitiv erledigt.
Die Mehrheit empfiehlt Ihnen aber, am Eintreten festzuhalten. Die Vorlage bringt eine klare Optimierung des Status S. Denn solange er weiterhin die Betroffenen wie heute besserstellt als vorläufig Aufgenommene, besteht ein negativer Anreiz für den Bundesrat, ihn überhaupt je zu gebrauchen. Entsprechend empfiehlt auch der Bundesrat ein Ja.
Kurz zu zwei Argumenten der Minderheit, die sicher auch noch ausgeführt werden: Ein Argument im Nationalrat und auch der Minderheit ist, dass der Status S weiterhin grosse Schwierigkeiten biete. Das sei hier nicht bestritten. Aber dies ist aus Sicht Ihrer Mehrheit kein Grund, nicht wenigstens dieses Problemlein zu lösen. Oder anders gesagt: Man muss noch an vielen Rädern drehen, damit die Maschine des Status S zum Laufen kommt. Aber das wäre ja noch kein Grund, nicht das vorliegende Rädchen wenigstens einmal in die richtige Richtung zu bewegen.
Als Zweites wurde gesagt, in Fällen grosser Krisen müsse man doch die ganze fliehende Familie aufnehmen und nicht nur jemanden und die anderen in drei Jahren. Aber diese Vorlage tut genau das, sie nimmt die fliehende Familie auf; ausser eben in der bestimmten Konstellation, wo gewisse Personen von der Krise direkt betroffen oder visiert sind, zum Beispiel wenn eine Regierung nur Männer einer gewissen Ethnie oder Religion verfolgt, die anderen Familienmitglieder aber an sich nicht, sodass diese daher auch nicht selber schutzbedürftig wären.
Im Sinne dieser kleinen, aber feinen Optimierung dieses Status und in der Hoffnung, er könne dann dereinst angewandt werden, bitte ich Sie namens Ihrer Kommission, die dies klar mit 9 zu 4 Stimmen beschlossen hat, am Eintreten und an der Vorlage festzuhalten.
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