Andrea Caroni

Ihr Ausserrhoder Ständerat

28. November 2018

Politische Arbeit | Wichtige Voten im Rat

Parlamentarische Initiative Minder Thomas. Die Landeshymne der Schweizerischen Eidgenossenschaft demokratisch festlegen (Kopie 1)

Ich sage es Ihnen geradeheraus: Ich bin gegen diese Vorlage. Ich befinde mich für einmal in etwas ungewohnter Allianz - Sie haben diese viel zu vielen E-Mails ja alle auch erhalten - und bin sicher zum ersten Mal im Lager von eher fundamental denkenden religiösen Kreisen. Auf der anderen Seite steht die LGBTA-Community. Normalerweise ist es bei mir umgekehrt: Ich setze mich für jene Rechte ein und halte bei Themen wie Ehe für alle, Adoption und eingetragene Partnerschaft die Regenbogenflagge hoch. Wir hatten schon viele solche Debatten. Daher, glaube ich, bin ich doch ziemlich unverdächtig, wenn ich aus relativ simplen Überlegungen diese Regenbogenflagge jetzt einmal nicht hochhalten kann. Ich finde generell, dass das Strafrecht - das Ultima Ratio ist, wie Kollegin Seydoux gesagt hat - eine zu grobe und meines Erachtens auch unnötige Keule im Kampf um Meinungshoheit ist. Ich finde, das beste Rezept gegen Dummheiten oder auch geäusserte Bosheiten sind halt Gegenreden, die anständig und gescheit sind.
Es gibt auch schon einen breiten Schutz für das Individuum, das aufgrund seiner sexuellen Orientierung beleidigt oder diskriminiert wird. Aber mein Hauptargument ist folgendes: Wenn Sie dem hier zustimmen, dann hört es nie auf. Schon in der Stellungnahme des Bundesrates steht, was die Uno gerne hätte. Die Uno mit ihren Wünschen beschäftigt uns hier drin ja auch noch bei einem anderen Thema. Unter strafrechtlichem Schutz stehen im Moment die Religion, die Ethnie; jetzt kommt das Geschlecht, die sexuelle Orientierung hinzu. Aber die Uno sagt ja: Man sollte dann auch noch die Sprache hereinnehmen - wenn der Bäcker sagt, er möchte nicht nur Homosexuellen, sondern auch Deutschschweizern keine Hochzeitstorten mehr verkaufen. Oder man sollte den strafrechtlichen Schutz auf das Geschlecht ausdehnen - wenn der gleiche Bäcker sagt, er möchte jetzt generell Männern keine Torten mehr verkaufen. Man sollte es auf Behinderte ausdehnen. Oder man sollte es auf die Nationalität ausdehnen - wenn also jemand sagt, er verkaufe jetzt den Schweizern keine Torten mehr.

Jemand hat vorhin noch das gefährliche Kriterium der politischen Gesinnung in den Raum gestellt: Was ist denn, wenn wir es plötzlich noch unter Strafe stellen, dass man schlecht über andere politische Gesinnungen spricht? Ich könnte mir sogar vorstellen, dass man irgendwann nicht mehr schlecht über die regionale Herkunft sprechen darf. Mit einer solchen strafrechtlich bewehrten Regelung hätten wir Appenzeller den Vorteil, dass man endlich aufhören müsste, uns als Halbkanton-Einwohner zu bezeichnen: Das wäre dann endlich strafbar! Aber das wäre auch schon der einzige positive Effekt.
Ich war damals im Nationalrat schon dagegen. Die SPK-SR war ja ursprünglich auch gegen diese parlamentarische Initiative. Ich habe dann sogar in der Kommission einen Nichteintretensantrag gestellt, aber ich ging mit solch wehenden Flaggen unter - es war nicht die Regenbogenflagge -, dass ich den Antrag hier nicht erneut stelle. Ich empfehle Ihnen einfach, das Geschäft abzulehnen - ehrlich gesagt unabhängig davon, wie sich die Minderheit Hefti genau entwickelt. Es geht dort noch um eine Finesse. Die Grundsatzfrage ist immer die gleiche: Wollen wir das Strafrecht auf immer mehr Kriterien ausdehnen?

Zuletzt äussere ich mich noch zu den Kreisen, die all diese E-Mails geschickt haben: Ich bin hier nun im gleichen Lager, man sucht sich seine Alliierten auch nicht immer aus. Ich habe dann einfach die meisten von denen gepackt und ihnen gesagt, dass ich ihrer Meinung bin, weil ich die Meinungsfreiheit hochhalte. Ich halte dies aber auch für nötig, wenn jemand beispielsweise Religionen kritisieren möchte. Wir werden über Blasphemieverbote sprechen können, ich bin auch dort dagegen.

Abschliessend zu dieser Vorlage: Ich bitte Sie, die Vorlage abzulehnen, wir brauchen sie nicht.

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