Andrea Caroni

Ihr Ausserrhoder Ständerat

30. Mai 2022

Politische Arbeit | Wichtige Voten im Rat

Motion Stark Jakob. Besserer Einbezug des Parlamentes bei der Bekämpfung zukünftiger Pandemien

für die Kommission:
Diese beiden Motionen haben ein gemeinsames Thema, nämlich den stärkeren Einbezug des Parlamentes in Pandemien. Die Motion Salzmann setzt auf höherer Ebene an. Sie möchte den Einbezug dann, wenn der Bundesrat die ausserordentliche Lage ausruft. Die Motion Stark setzt bei den einzelnen Massnahmen an, in einer ausserordentlichen Lage und gemäss Wortlaut auch in einer besonderen Lage.
Sie haben Ihrer Kommission beide Motionen zur Vorprüfung überwiesen, und wir sind Ihrem Auftrag nachgekommen. Wir haben beide Motionen abgelehnt: die Motion Salzmann mit 7 zu 5 Stimmen bei 1 Enthaltung und die Motion Stark mit 7 zu 2 Stimmen bei 3 Enthaltungen. Es gibt jeweils eine Minderheit.
Ich nenne Ihnen gerne den formellen und auch den inhaltlichen Grund für unsere Ablehnung.
Zur formellen Sicht: Die Motionen zielen zwar aufs Epidemiengesetz. Wenn man ihre Themen aber anschaut, dann stellt man fest, dass es eigentlich um ein allgemeineres Thema geht, nämlich um die Rolle des Parlamentes im Notstand. Dieses allgemeine Thema ist, wie Sie wissen, bereits Gegenstand einer laufenden Gesetzesrevision. Diese war im März bereits im Nationalrat. Sie kommt voraussichtlich im Herbst in den Ständerat. So betrachtet wären die Motionen eigentlich schon erfüllt, denn sie verlangen eine Vorlage, und eine solche kommt. Wenn man die Motionen eng betrachtet und nur aufs Epidemiengesetz schaut, ist auch zu sehen, dass eine Revision im Gange ist. Der Bundesrat wird uns vielleicht noch mehr zum Stand der Dinge sagen können. Die Reform soll nach unserem Wissen nächstes Jahr kommen. Auch daher erachten wir den Mehrwert als fraglich. Ohnehin wäre eine Gesamtschau besser. Das ist die formelle Betrachtung.
Zur inhaltlichen Sicht: Beide Motionen wollen nicht irgendeinen Einbezug des Parlamentes, wie es der Titel vielleicht suggeriert. Vielmehr wollen sie beide, dass gewisses bundesrätliches Handeln vom Parlament genehmigt wird. Bei der Motion Salzmann geht es um die Ausrufung der ausserordentlichen Lage, bei der Motion Stark um die Massnahmen, wobei Herr Stark an die Verordnungen und nicht an jede individuelle konkrete Massnahme denkt; er wird es noch präzisieren. Ihre Kommissionsmehrheit möchte aber keine solche Genehmigung, weder präventiv noch nachgängig.
Auch der Nationalrat hat sich hierzu viele Gedanken gemacht. Er hat solche Genehmigungspflichten in all ihren Facetten abgelehnt. Der Grund dafür ist, dass Genehmigungen präventiver Art eigentlich immer zu spät kämen und dass sie, ob präventiv oder auch nachträglich, Verantwortlichkeiten vermischen würden.
Genau das ist in gewissem Sinne das Paradox: Um den Einbezug des Parlamentes in Krisensituationen auf diese Art und Weise zu verstärken, müsste das Parlament genauso schnell handeln wie die Exekutive, der man den Ball extra zugespielt hat; es müsste quasi blind und aus dem Stand heraus entscheiden. Oder aber man sagt sich: Nein, wir wollen die Sache als Parlament wie gewohnt fundiert betrachten - mit einer Botschaft, zwei Kommissionen, einer Differenzbereinigung, einer Vernehmlassung. Dann befinden Sie sich aber im Gesetzgebungsprozess, und wenn Sie sich diese Zeit nehmen wollen und können, können Sie auch gleich den dringlichen Gesetzgebungsprozess in Gang setzen oder eine parlamentarische Notverordnung erlassen. Per definitionem sprechen wir also von Fällen, bei denen wir das eigentlich nicht können. Daher spielen wir auch der Exekutive den Ball zu, damit diese ihn aufnimmt.
Zur Abrundung noch dies: Der Nationalrat und Ihre Kommission verfolgen in ihrer Reform einen etwas anderen Ansatz. Sie wollen das Parlament auch stärken, aber eben anders. Nach dem aktuellen Konzept soll der Bundesrat innerhalb der Schranken der Verfassung und des Gesetzes selber die Verantwortung für seine Entscheide tragen. Zugleich soll das Parlament gestärkt werden. Das heisst, es soll schnell reagieren können, wenn es das möchte: erstens, indem es vom Bundesrat proaktiver informiert und konsultiert wird; zweitens, indem es über die technischen und rechtlichen Instrumente verfügt, um eingreifen zu können, hier denkt man beispielsweise an die virtuellen Sitzungen; und drittens, indem es die Möglichkeit hat, Anspruch darauf zu erheben, dass der Bundesrat ebenfalls rasch mitwirkt, etwa über schnellere Antworten auf Motionen und ihre schnellere Umsetzung. Diesen Weg hat der Nationalrat zuletzt skizziert. Er liegt im Moment der SPK-S vor.
Fazit: Die Reformen sind unterwegs. Inhaltlich scheint uns das Konzept, wonach das Parlament bundesrätliches Handeln genehmigen sollte, nicht als zielführend; bereits im Nationalrat ist es klar gescheitert. Für die Einflussnahme des Parlamentes sehen wir andere, unseres Erachtens bessere Instrumente vor.
In diesem Sinne bitte ich Sie namens Ihrer Kommissionsmehrheit, beide Motionen abzulehnen.
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