Andrea Caroni

Ihr Ausserrhoder Ständerat

17. September 2014

Wichtige Voten im RatVorstösse

Kartellgesetz. Änderung

Was haben wir in Kommission und Rat an dieser Vorlage gearbeitet! Der Bundesrat hat eine Vorlage vorgelegt, und wir haben uns dann wie die Goldgräber draufgestürzt und geschaufelt und gebuddelt und auch viel Staub aufgewirbelt und zum Teil sogar etwas Dreck aufgeworfen. Da gab es einige, die von Anfang an nicht mitschaufeln wollten. Sie sagten, da gebe es ohnehin nichts zu finden. In Tat und Wahrheit wollten sie wahrscheinlich nicht zuletzt auch ihre eigenen prestigeträchtigen Ämtchen nicht verlieren. Dann gab es andere, die waren übereifrig, die haben ein paar Glasperlen mitgebracht und dann gesagt, sie hätten hier eine Diamantader gefunden.
Jetzt, nach 17 Monaten der Arbeit - es kam mir vor wie Jahre - haben sich Staub und Dreck gelegt, und es ist Zeit zu schauen, was denn die echten Funde sind. Wir wollen sie bei Tageslicht betrachten, kritisch, aber aufgeschlossen. Meine Fraktion verwendet hierfür folgende Goldwaage: Zu einem starken und schlanken Staat gehört auch ein starkes, schlankes Kartellrecht. Stärke bedeutet, dass der Wettbewerb nicht durch die Marktteilnehmer ausgeschaltet werden darf. Schlankheit bedeutet aber, dass der Staat nur dort eingreift, wo tatsächlich ein Missbrauch vorliegt und wo der Eingriff für die Zielerreichung auch wirklich zweckmässig und verhältnismässig ist. Zur Stärkung des Kartellrechts dient vor allem die Institutionenreform. Sie ist für uns Alpha und Omega der Vorlage, also Ausgangspunkt gemäss der Evaluation von 2008 und heute hoffentlich matchentscheidender Schlusspunkt - jedenfalls für uns.
Der Ständerat hat diese Vorlage des Bundesrates zwar kräftig zurechtgestutzt, doch auch die verbleibende Reform ist ein starker Schritt vorwärts. Die Weko wird neu kompakter, unabhängiger und professioneller. Das stärkt sie. Das ist für uns ein richtiges Goldnugget, das wir hier in der Vorlage gefunden haben.
Auch wenn uns Herr Schelbert sagt, dass die Verbandsvertreter, die heute dabei sind, genauso unabhängig seien wie alle anderen, ist das natürlich nicht der Fall. Mit der Ausstandsregelung mag es so aussehen, aber in Tat und Wahrheit sind Verbandsfunktionäre dabei, die hochsensibles Insiderwissen über die beteiligten Firmen erhalten und in rechtsstaatlich gesehen höchst schwieriger Weise millionenschwere Bussen mitverteilen dürfen. Apropos Kartell: Ich befürchte fast, dass wir in der nationalen Politik hier eine Art Kartell von Leuten haben, die füreinander diese Pöstchen retten wollen.

Neben diesem Nugget, also dieser kompakten Institutionenreform, haben wir vier weitere Perlen identifiziert. Auch sie fördern die Stärke und Schlankheit des Kartellrechts. Erstens gibt es eine verbesserte Zusammenschlusskontrolle; sie macht das Verfahren schärfer, aber auch schneller, da EU-kompatibel. Zweitens gibt es ein verbessertes Zivilverfahren, das die private Rechtsdurchsetzung stärkt; für die Konsumenten ist es ein starkes Mittel. Drittens gibt es ein ausgebautes Widerspruchsverfahren; dies ermöglicht es den Marktteilnehmern, eine Abrede zuerst zu testen, und der Weko ermöglicht es, die Folgen der Abrede zu beobachten, bevor sie sie beurteilen muss. Das stärkt die Unternehmen in unserem Land. Viertens gibt es eine Compliance Defence, das heisst eine Belohnung für denjenigen, der sich nachweislich und redlich bemüht, Kartelle zu verhindern; auch das stärkt die Unternehmen.

Die weiteren materiellen Revisionspunkte lehnt unsere Fraktion grossmehrheitlich ab; sie filtert sie, um bei der Metapher zu bleiben, aus dem Sand und trennt das Gold vom Übrigen. Zum Ersten lehnen wir das Teilkartellverbot ab. Es wird durch die Rechtsprechung dereinst vielleicht eingeführt, aber inhaltlich geht es zu weit, denn es opfert - gewissermassen auf dem Altar der Effizienz - den Grundsatz, dass man nur Abreden verbieten sollte, die auch tatsächlich eine erhebliche Auswirkung auf den Wettbewerb haben. Zum Zweiten lehnen wir die Lex Nivea ab. Artikel 7a wäre weltweit ein Unikum, kaum durchsetzbar und ein übermässiger Eingriff in Marktbeziehungen. Am meisten haben wir uns den Kopf aber bezüglich der relativen Marktmacht zerbrochen. Da gab es verschiedene Meinungen, aber eine sehr starke Mehrheit der Fraktion ist der Meinung, dass man - noch wenn man beste Absichten hegt - hier allenfalls wie der legendäre Zauberlehrling unbekannte Geister ruft, die man nicht genau einordnen, dann auch nicht kontrollieren und schon gar nicht mehr loswerden kann.

Blendet man nun aber diese drei letztgenannten Punkte aus, Teilkartellverbot, Lex Nivea und relative Marktmarkt, dann bleiben wie gesagt ein Nugget und vier Perlen, die Institutionenreform und die anderen vier Vorteile.
Das waren auch die Elemente, die zugrunde lagen, als wir die Vorlage aufgenommen haben. Natürlich beseitigt man damit nicht mit einem Strich die Hochpreisinsel, das wäre aber auch eine übertriebene Erwartung an ein Kartellgesetz. Wer wirklich an der Hochpreisinsel schleifen will, der muss Handelshemmnisse abbauen und muss auf diese Weise Parallelimporte vereinfachen. Ich wünsche mir, dass all die, die heute den Kampf gegen die Hochpreisinsel ankündigen, uns dann auch helfen, unsere Märkte zu öffnen, wenn solch überzogene Umwelt- und Sozialstandards oder auch landwirtschaftlicher Protektionismus hochgehalten werden wie z. B. bei der drohenden Volksinitiative "Grüne Wirtschaft".

Schätzen wir also diese kleine, aber feine Reform, nehmen wir dieses Nugget und diese vier Perlen und bringen wir unsere Goldgräberstimmung mit dieser kleinen, aber feinen Ausbeute zu ihrem Abschluss. Wenn Sie am Schluss der Detailberatung mit dem Gesamtpaket doch nicht einverstanden sein sollten, dann ist dort, aber nicht beim Eintreten, der Zeitpunkt, Nein zu stimmen.
Ich bitte Sie also namens meiner Fraktion, auf die Vorlage einzutreten.

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