Andrea Caroni

Ihr Ausserrhoder Ständerat

16. März 2022

Politische Arbeit | Wichtige Voten im Rat

Interpellation Caroni Andrea. MWST-Bürokratie. Befreiungsschlag für Unternehmen (B2B)

Wir suchen ja neue Wege, um das Mehrwertsteuer-Bürokratiemonster etwas zu bändigen, nachdem wir jüngst darauf verzichtet haben, dies mit einem Einheitssatz zu tun. Nun wütet das Monster immer noch und drangsaliert unsere Unternehmen. Die frohe Nachricht ist: Es gibt diese neuen Wege.
Der erfolgversprechendste dieser neuen Wege scheint mir dieser: Die Mehrwertsteuer soll neu nicht mehr mühselig bei jedem einzelnen Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette teilerhoben werden, sondern in einem einzigen Aufwisch am Ende der Kette, so wie es ja eigentlich auch das Ziel einer Konsumsteuer sein sollte. Das heisst, die ganze vorgelagerte Kette, alle B2B-Beziehungen wären dann von diesem Bürokratiemoloch entlastet. Ich danke dem Bundesrat dafür, dass er dieses progressive und liberale Modell jetzt ein erstes Mal betrachtet und die Vor- und Nachteile aufgezeigt hat.
Eigentlich muss man sich nur einen Satz aus Ihrer Antwort auf der Zunge zergehen lassen, Herr Bundesrat, um Feuer und Flamme zu sein. Sie haben ihn sogar zweimal drin: "Die Mehrzahl der heute steuerpflichtigen Unternehmen hätte weniger administrativen Aufwand." Das ist ja an sich schon grossartig genug, um sich ein solches Projekt zu wünschen. Es folgen dann weitere Vorteile wie mehr Liquidität für die Unternehmen, weniger Vorsteuerbetrugsfälle und Kontrollaufwand. Entsprechend freut sich das Gewerbe auch schon auf diese Reform.
Herr Bundesrat, Sie erwähnen dann namens des Bundesrates zu Recht auch einige zu bedenkende Punkte:
1. Der Bundesrat anerkennt zu Recht, dass Unternehmen fortan die Mehrwertsteuernummer ihres Abnehmers kennen müssten, um zu wissen, ob eine steuerfreie B2B-Leistung vorliegt. Das kennen unsere Nachbarländer, das wäre kein Problem. Es wäre ja freiwillig; wer keine Nummer angibt, würde einfach als Konsument betrachtet.
2. Der Bundesrat spricht das Thema der ausgenommenen Unternehmen an. Diese blieben natürlich ausgenommen, nun entfiele neu auch ihre Vorsteuer. Was müsste man tun, damit es nicht zu grossen Ausfällen käme? Eine Lösung läge darin, dass diese Unternehmen neu ihre Vorsteuer einfach direkt abliefern würden. Das wäre ein administrativ vertretbares Entgegenkommen für das weiterbestehende finanzielle Privileg, von der Steuer ausgenommen zu sein. Auch das wäre natürlich freiwillig, man könnte ja auf die Ausnahme auch verzichten.
3. Der Bundesrat spricht auch die Saldo- und Pauschalmethode an, die zu überdenken wäre. Auch hier schiene mir die Lösung einfach: Man bräuchte die Methode wahrscheinlich einfach gar nicht mehr.
4. Zu Recht erwähnen Sie auch den Bedarf nach einer Kontrolle, damit der private Konsum nicht steuerfrei über ein Unternehmen abgewickelt würde. Das muss man aber heute auch schon kontrollieren. Dank digitalen Tools sollte das neu noch einfacher werden. Gesamthaft würde das Betrugsrisiko wahrscheinlich kleiner, weil ja eben der Vorsteuerbetrug entfiele.
All die zu Recht vorgebrachten Einwände, die der Bundesrat auflistet - dazu habe ich ihn auch eingeladen -, sind "Nasenwasser" im Vergleich zum unglaublichen Potenzial, das eine solche Reform der Mehrwertsteuer hätte. Materiell bliebe die Mehrwertsteuer unangetastet. Die Sätze, die Ausnahmen und der Ertrag würden gleich bleiben. Die Bürokratie der Erhebung würde aber massiv entschlackt werden, da man die Unternehmen gezielt nur noch am Ende der Wertschöpfungskette administrativ belasten würde.
Ich komme zum Schluss: Was ich nicht teile, ist das etwas vorschnelle Fazit in der bundesrätlichen Antwort, die Reform sei per saldo den Versuch nicht wert. Ich erkenne aber, dass das Thema noch vertieft werden sollte, bevor man sich an die Umsetzung wagt. Die Wissenschaft ist zum Glück intensiv daran, die Idee mit all ihren Vor- und Nachteilen auszuloten. Wenn diese wissenschaftlichen Erkenntnisse vorliegen, dann möchte ich Sie, wenn der Rat zustimmt, per Postulat dazu einladen, die Idee noch weiter zu vertiefen. Das Einzige, was ich mir von Ihnen, Herr Bundesrat, jetzt wünsche, ist eine aufgeschlossene Grundhaltung gegenüber diesem modernen, liberalen Ansatz, das Mehrwertsteuer-Bürokratiemonster zugunsten von Behörden und Unternehmen in diesem Land auf diese Weise zu bändigen.
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