Andrea Caroni

Ihr Ausserrhoder Ständerat

14. Dezember 2022

Politische Arbeit | Vorstösse

Für ein zeitgemässes Sprengstoff-Strafrecht

Eingereichter Text


Der Bundesrat soll in einem Bericht darlegen, wie die Sprengstoff-Tatbestände von Artikel 224-226 StGB zeitgemäss angepasst werden können, namentlich an die Entwicklung der Freizeit-Pyrotechnik.
Begründung

Die heutigen Sprengstoff-Tatbestände von Artikel 224-226 StGB gehen auf das Sprengstoffgesetz von 1894 zurück. Ziel war die Bekämpfung des (damals anarchistischen) Terrorismus (heute Art. 224 StGB, "Gefährdung in verbrecherischer Absicht"). Im Sprengstoffgesetz von 1924 wurde auf Antrag von Berufsverbänden ein zusätzlicher Tatbestand für Gefährdung "ohne verbrecherische Absicht" (heute Art. 225 StGB) aufgenommen.
In der Realität hat sich jedoch seither neben der terroristischen und der beruflichen Gefährdung mit Sprengstoffen eine dritte Kategorie von Verhaltensweisen ergeben: Die Gefährdung durch die Verwendung von Freizeit-Pyrotechnik.
Für diese "Böllerdelikte" jedoch ist die heutige Rechtslage bisweilen überschiessend, namentlich infolge der (in der Lehre stark kritisierten) äusserst strengen bundesgerichtlichen Auslegung von Art. 224 StGB (vgl. Urteil des Bundesgerichts 68_79/2019 vom 5. August 2019). Nach dieser gilt auch Pyrotechnik (je nach - subjektiver - Verwendungsabsicht) als Sprengstoff, genügt für die "verbrecherische Absicht" bereits Eventualabsicht und nahezu jede nicht berufliche Verwendung.
Im Resultat werden unvorsichtige Freizeit-Aktionen mit legaler Pyrotechnik gleich wie terroristische Anschläge behandelt und der strengen Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr unterstellt.
Die gefährliche Verwendung von Freizeit-Pyrotechnik soll nicht verharmlost werden, und es gibt in der Tat Verwendungen, die durchaus "in verbrecherischer Absicht" gemäss Wille des Gesetzgebers erfolgen. Jedoch sollen im Sinne der Verhältnismässigkeit geringfügige "Böllerdelikte" nicht wie Terroranschläge beurteilt werden. Zudem sollte die Bundesstrafjustiz von solchen Delikten entlastet werden.
Gewisse Reformschritte sind bereits erfolgt oder unterwegs. So hat das Bundesgericht im jüngst bei Gemeingefahrdelikten von der Individualtheorie auf die Repräsentationstheorie umgeschwenkt (Entscheid 6B_795/2021). Zudem hat das Parlament Aufträge erteilt, den Katalog der Bundesstrafgerichtsbarkeit zu überprüfen (Motionen 21.3970/21.3972). Der oben beschriebene Kern des Problems ist damit aber noch nicht gelöst und soll mit vorliegendem Postulat erfasst werden.
Mögliche Lösungsansätze könnten darin liegen, die Definition von Sprengstoff in Artikel 224 ff. bzw. der verbrecherischen Absicht in Artikel 224 StGB klarer zu fassen oder auch einen eigenen Tatbestand für geringfügigere "Böllerdelikte" zu schaffen.

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