Andrea Caroni

Ihr Ausserrhoder Ständerat

15. Dezember 2021

Politische Arbeit | Wichtige Voten im Rat

Bundesverwaltungsgericht

ür die Kommission:
Namens der Gerichtskommission bitte ich Sie, ihrem Vorschlag zuzustimmen, damit den Ordnungsantrag abzulehnen und die Wahl, so wie geplant, vollständig über die Bühne zu bringen.
Wie üblich hat die Gerichtskommission infolge dreier Vakanzen am Bundesverwaltungsgericht Vorschläge erarbeitet, wobei zwei von diesen drei Vorschlägen heute auch unbestritten sind. Für die dritte Vakanz, den Posten französischer Sprache, schlägt Ihnen die Gerichtskommission Frau Tornare Villanueva vor. Der Ordnungsantrag Arslan - Sie haben es gerade gehört - will diesen Wahlvorschlag zurückweisen. Die Gerichtskommission soll den Posten dann neu ausschreiben, damit - das steht so geschrieben - die politische Repräsentativität in der Abteilung IV ausgewogener sei.
Ihre Gerichtskommission hat sich zweimal mit dem Geschäft befasst; das ist auch so üblich. Bei der Empfehlung an die Fraktionen haben wir mit 9 zu 5 Stimmen beschlossen, von mehreren Kandidierenden diese Kandidatin vorzuschlagen. Nach den Rückmeldungen aus den Fraktionen haben wir daran mit 8 zu 6 Stimmen bei 2 Enthaltungen festgehalten - auch da gegenüber anderen Vorschlägen.
Es gibt nun vier gute Gründe, diesen Ordnungsantrag abzulehnen und auch den dritten Posten heute zu besetzen:
1. Der erste Grund ist wahrscheinlich der offensichtlichste: Das wichtigste Kriterium bei der Richterwahl, mit allen anderen Kriterien am Rande, ist die fachliche und persönliche Eignung. Sämtliche Votanten in der Gerichtskommission halten die vorgeschlagene Kandidatin als mögliche Richterin für gut geeignet. Alle haben ihr diese persönliche und fachliche Eignung attestiert; viel mehr müsste man eigentlich gar nicht sagen. Nur die Parteizugehörigkeit, das haben wir jetzt auch gehört, wird ihr entgegengehalten.
2. Der zweite Grund, gerade zum Stichwort Parteizugehörigkeit: Die Partei der Kandidatin ist am Bundesverwaltungsgericht, am Gesamtgericht, untervertreten. Es mag sein, dass diese Partei, wie auch andere Parteien, in einzelnen Abteilungen etwas übervertreten ist. Aber unsere Verantwortung von Gesetzes wegen ist die Wahl ans Gesamtgericht. Es ist dann die Verantwortung des Gerichtes, die Gewählten nach allen möglichen Kriterien auf die Abteilungen zu verteilen. Das steht übrigens explizit so im Gesetz, auch für das Bundesverwaltungsgericht.
Ich zitiere nur einen Satz: "Das Gesamtgericht ist zuständig für [...] e. die Bestellung der Abteilungen." Dabei muss das Gericht vieles beachten, darunter aber auch die Werthaltungen der Richter, denn der Parteienproporz, um den wir uns hier ja auch jeweils bemühen, würde natürlich völlig unterlaufen, wenn die Gerichte sich dann auf Stufe Spruchkörper darum foutieren würden. Auch deshalb hat die Gerichtskommission im September dieses Jahres an sämtliche eidgenössischen Gerichte einen Brief geschrieben - dies haben wir auch öffentlich gemacht -, mit der Bitte, auch darauf zu achten. Im Oktober haben wir aus St. Gallen eine Antwort erhalten. Das Bundesverwaltungsgericht hat uns geschrieben - ich zitiere auch aus diesem Schreiben noch einen Satz -: "Die Verwaltungskommission [des Bundesverwaltungsgerichtes] wird das künftig soweit möglich berücksichtigen." Das Gericht ist sich dessen also bewusst; natürlich muss es auch anderes berücksichtigen.
3. Aus Sicht der Gerichtskommission gibt es verschiedene Kriterien, die bei der Wahl zu beachten sind. Das sind - natürlich neben der fachlichen und persönlichen Eignung - die Sprachfähigkeiten, hier ging es um Französisch, der Anteil der Geschlechter, die Frauen sind untervertreten, und ja, auch die politische Werthaltung. Es gibt aber leider auch unter den Gerichtskandidatinnen und -kandidaten wenig eierlegende Wollmilchsäue, die das alles erfüllen.
Die von der Gerichtskommission vorgeschlagene Kandidatin erfüllt sehr viele dieser Kriterien: die fachliche und persönliche Eignung, die sprachlichen Anforderungen, ihre Kandidatur würde auch den Frauenanteil am Gericht erhöhen, und ihre Partei ist am Gericht untervertreten - wenn auch zugegebenermassen nicht in der Abteilung, wo sie dann vermutlich anfangen würde.
Wenn man nun im Sinne des Ordnungsantrages Arslan neu ausschriebe - der Antrag ist ziemlich eng formuliert -, dann müsste man am Ende des Prozesses zwingend einen freisinnigen Richter finden. Denn alle anderen Parteien sind am Gericht, oder zumindest in den Asylabteilungen, übervertreten. Wenn Sie dann noch alle anderen Kriterien dazunähmen, dann würde uns der Antrag Arslan zwingen, neu auszuschreiben, einen Juristen zu suchen, der auch noch Asylexperte ist, der freisinnig denkt und französisch spricht und der auch noch in St. Gallen arbeiten will. So schön die Ostschweiz ist, aber ich staune immer wieder: Es gibt nicht beliebig viele Leute, die alle diese Kriterien erfüllen und dann auch noch ans Bundesverwaltungsgericht kommen wollen. Wir haben das probiert. Wir haben die Stelle ausgeschrieben und gesehen, wer was erfüllt. Bei der Qualität - das ist unser erstes Kriterium - wollten wir einfach keine Abstriche machen.
4. Der Antrag ist nicht konsequent. Es ist schwierig, im Leben immer konsequent zu sein, aber hier ist es definitiv nicht gelungen, denn moniert wird ja einzig, die Kandidatin gehöre einer übervertretenen Partei an, konkret der SVP. Aber übervertreten in den Asylabteilungen, namentlich in Abteilung IV, sind auch die Grünen. Das war schon im September absehbar; dennoch hat es niemanden gestört, auch nicht die Antragstellerin, dass man damals noch eine grüne Richterin dazugewählt hat und diese Übervertretung, die sanft war, noch verstärkt hat. Da bestand eine Übervertretung, und sie wurde verstärkt. Damit nicht genug: Man hat auch beantragt - mehrfach, auch jetzt wieder in der Gerichtskommission -, noch einen zusätzlichen grünen Richter zu wählen. Das hätte die schon bestätigte Übervertretung noch verstärkt. Warum das nun bei einer Partei so viel schlimmer sein soll als bei einer anderen, ist mir als Nichtbeteiligtem hier nicht ersichtlich.
Ich fasse zusammen: Die vorgeschlagene Kandidatin hat ein ausgezeichnetes Profil, was alle Seiten anerkennen. Ihre Partei ist am Gesamtgericht - und das liegt in unserer Verantwortung - untervertreten. Für die Bestellung der Abteilung ist das Gericht zuständig. Der Ordnungsantrag auf Rückweisung ist objektiv gesehen parteipolitisch erklärt und motiviert, mit Blick auf frühere Wahlen nicht konsequent und in der Praxis für uns auch fast nicht zu erfüllen.
Ich bitte Sie daher, den Ordnungsantrag abzulehnen.
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