Andrea Caroni

Ihr Ausserrhoder Ständerat

10. Dezember 2018

Politische Arbeit | Wichtige Voten im Rat

Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen. Totalrevision

Kollege Hefti bildete vorhin mit dem Bundesrat ein ziemlich starkes Duo. Ich versuche, da nun mit einem eigenen "duo infernale" mitzuhalten: Ich habe es nämlich noch nie erlebt, dass ich eine Position vertrete, bei der gleichzeitig Economiesuisse und Solidar Suisse dahinterstehen! Mal schauen, vielleicht gewinne ich ja noch den Bundesrat hinzu, wie dies Kollege Hefti vorhin auch gelungen ist!
Mit meinem Antrag möchte ich, wie Kollege Bischof richtig gesagt hat, diesen Preisniveauvergleich wieder herausnehmen. Ich bitte Sie, das auch zu tun, da dieses Kriterium protektionistisch, völkerrechtswidrig und auch wirtschaftsfeindlich ist.
Weil die öffentliche Hand bei der Beschaffung eigentlich Wettbewerb und einen effizienten Mitteleinsatz will, ist es aus ihrer Sicht rein protektionistisch, jemanden schlechter zu bewerten, einfach weil er irgendeinen Vorteil hat, sei das jetzt ein Preisniveau oder etwas anderes. Wir wollen ja, dass bei Einhaltung der gleichen Regeln derjenige den Zuschlag kriegt, der den Wettbewerb am besten ausnützt. Um es mit dem Bild eines Sportes zu sagen, der mir etwas näher liegt: Wir fänden es wohl auch unfair, wenn Roger Federer in Wimbledon einfach deshalb Punkte abgezogen würden, weil er seine guten Schweizer Ausbildungs- und Trainingsmöglichkeiten genutzt hat. Wenn man diesen Ansatz weiterdenkt, dass man jemandem etwas herausrechnen will, was man als unfairen Vorteil betrachtet, dann müsste man ja z. B. auch bei Schweizer Anbietern herausrechnen, dass sie in ihrem Staat ein investitionsfreundliches Klima, politische Stabilität oder ein gutes duales Bildungssystem vorfinden, die andere Länder und deren Anbieter nicht haben: Da müssten wir uns ja selber einen gewaltigen Malus geben!
Wenn man dieses Kriterium auch noch auf den Binnenmarkt anwendet, merkt man, dass das irgendwie nicht so gemeint sein kann. Da müssten ja z. B. auch Appenzeller Unternehmen einen Abzug kriegen, weil bei uns ein tieferes Preisniveau herrscht als z. B. in Zürich.
Stichwort Kantone: Die Kantone bzw. die BPUK haben schon mitgeteilt, dass sie das dann bei ihnen nicht umsetzen würden. Damit hätten wir gleich auch noch eine Disharmonisierung, aber wir wollen ja möglichst ähnliche Regeln.
Dann gibt es noch einen zusätzlichen wichtigen Grund, warum die Kantone das nicht einführen, nämlich das Völkerrecht, die Verträge, die wir haben. Die Kantone dürfen ja das Völkerrecht nicht brechen, Selbstbestimmung hin oder her. Auch das ist ein Grund, weshalb sie es gar nicht aufnehmen und umsetzen können.
An sich ist ja auch der Bundesgesetzgeber dazu aufgerufen, sich an völkerrechtliche Verträge zu halten. Nun gibt es hierzu die legendäre Schubert-Praxis - darüber haben wir schon in anderen Kontexten sehr viel gesprochen. Dafür müssten wir aber explizit beschliessen, dass wir hier Völkerrecht sehenden Auges verletzen wollen. Ich nehme aber nicht an, dass Sie hier, gleich zwei Wochen nach dem klaren Nein zur Selbstbestimmungs-Initiative, quasi als erste Amtshandlung so wichtige Verträge wie die WTO-Abkommen oder das Abkommen mit der EU verletzen wollen!
Wenn man es nur im Rahmen des Völkerrechts umsetzt, dann ist der Anwendungsbereich nahezu null. Wenn man es umsetzen könnte, hätten wir gewaltige Nachteile: Dann würden sich ja andere Länder revanchieren, und wir hätten einen Beschaffungskrieg. Darunter würden vor allem unsere Unternehmen leiden, weil wir von diesen offenen Beschaffungsmärkten mehr profitieren, als ausländische Unternehmen von unseren Beschaffungsmärkten profitieren. Das wäre also auch von daher ein Schuss ins eigene Knie.
Den Gipfel der Widersprüchlichkeit fände ich, wenn wir Minuten nach einer solchen Völkerrechtsverletzung im Gesetz hingehen und ein neues WTO-Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen unterzeichnen - in völligem Widerspruch dazu. Da müsste sich ein Gericht ja sagen: "Gut, vielleicht wollten sie das Völkerrecht verletzen oder auch nicht. Jedenfalls haben sie dann Minuten später wieder einen solchen Vertrag genehmigt und gutgeheissen, also nehmen wir an, sie wollen zumindest diesen einhalten." Auch dann passiert im besten Falle nichts.
Noch mein letzter Gedanke: Der Wortlaut ist auch ein Abenteuer für sich. Ich habe versucht, ihn zu verstehen, aber es ist mir schon grammatikalisch nicht gelungen. Da stehen die Länder im Plural und dann: "in welchem" die Leistung erbracht wird; also "in den Ländern, in welchem die Leistung erbracht wird". Da merkt man schon etwas tiefer unten, es ist gar nicht klar, wie man mit dieser Norm umgehen soll. Welches Land ist gemeint?
Was ist vor allem mit einer typischen globalisierten Wertschöpfungskette gemeint? Muss man dann für jede Schraube all die Niveaus herausrechnen, in denen sie in den Ländern irgendwie bearbeitet wurde? Oder müsste man im Extremfall - das noch mein letzter Gedanke - das Gesetz dann noch gegen Schweizer Unternehmen anwenden, die vielleicht günstig eine Vorleistung, sagen wir aus China, bezogen haben, im Wettbewerb mit einem deutschen Unternehmen, das in Deutschland Vorleistungen bezogen hat? Dann hat das Schweizer Unternehmen vom günstigen Preisniveau in China profitiert. Sie sehen: Fragen über Fragen.
Im besten Falle passiert nichts, schon wegen des Völkerrechts und des seltsamen Textes. Im schlimmsten Fall haben wir einen Beschaffungskrieg. Beides möchte ich lieber nicht.
Ich bitte Sie daher, meinem Einzelantrag, der in diesem Punkt deckungsgleich mit dem Einzelantrag Wicki ist, zuzustimmen.
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